Übersichtsseite: allgemeine Porzellanliteratur (Auswahl)

 
Spätestens seit der 300-Jahrfeier Meissner Porzellans im Jahre 2010 ist klar geworden, dass die Porzellangeschichte, wie sie noch Jahre zuvor erzählt worden war, der Geschichtsforschung nicht standzuhalten vermag. Weder Böttger als »Erfinder« noch andere Errungenschaften des 18. Jahrhunderts konnten dem Druck standhalten. Leider finden sich diese teils bewusst verdrehten Fakten heroisch inszenierter Vergangenheit bis Anfang der 1990er Jahre in der Porzellanliteratur als unumstößliche Wahrheit wieder.
Erst die jüngste Literatur greift die vorhandenen historischen Quellen und Forschungsergebnisse auf und relativiert die vergangenen Darstellungen bzw. gibt den Forschungsstand wieder. Dass dies gelang, liegt vermutlich an dem heute deutlich offeneren Umgang mit Wissen, einem sachlicheren Umgang mit der Materie jenseits der Mythen und stilisierten Helden von einst, und auch an der Tatsache, dass zur Prüfung von Informationen fachübergreifender gearbeitet wird. So wurde auch die Person und Arbeitsstätte des Alchemisten Böttger unter (arbeits-)psychologischen, arbeitsmedizinischen und architektonischen Gesichtspunkten betrachtet und aus dem einstigen Helden wurde wieder, was er schon damals war: ein Scharlatan und Lebenskünstler, gerissen und inszenierend. Und selbst heute trauen sich viele Autoren noch nicht, Böttger vom Erfinderthron zu stoßen, obwohl argumentativ nichts mehr ihn dort hält. Vielmehr ist inzwischen sichtbar, dass Böttger Teil eines mehr oder weniger freiwilligen Entwicklertrios, bestehend aus Johann Friedrich Böttger, Gottfried Pabst von Ohain und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, war, die ohne vielfältige Zuarbeit weiterer Menschen nicht so einfach Porzellan hätten nacherfinden können. So wird heute die Rezeptur für die Porzellanmasse mehr Tschirnhaus zugeschrieben, welcher schon etwa zehn Jahre zuvor diesbezüglich experimentierte. Erst mit der Kenntnis, dass für die Porzellanherstellung ein Sinterungsprozess und damit verbunden hohe Temperaturen von über 1.400 °C vonnöten sind, wirkte sich auf den Brennofenbau aus. Die Entwicklungen der Scharffeuerfarben sowie einer geeigneten Glasurrezeptur gelang auch erst nach vielen Experimenten. Heute darf vielmehr Böttger als der zur Reife Bringende des Porzellanproduktionsprozesses gesehen werden, ähnlich wie Edison dies mit der bis dahin anzuklemmenden Glühbirne vollbrachte.
Dies darf bei der älteren Lektüre beachtet sein, um zu verstehen, wie wenig heroisch manches der Vergangenheit wirklich war. Die Auswahl hier vorgestellter Texte in der Originalfassung greift teils darüber weg. So finden auch Darstellungen aus der damaligen Gegenwart Eingang, welche die teils schwierige Situation der Keramindustrie zeigen. Fachbücher dagegen werden hier weder vorgestellt noch empfohlen.
 
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